Overblog
Edit post Folge diesem Blog Administration + Create my blog
15. Januar 2012 7 15 /01 /Januar /2012 09:23

EIN LIEDERABEND NACH FRANZ KAFKA MIT MUSIK VON WOLFGANG VON SCHWEINITZ

Seit 1997 erarbeitet opera silens kontinuierlich grenzgängerisches Musiktheater in Hamburg und lotet die Grenzen des Mediums aus: Mit Arbeiten zu Erik Satie, zur Barockoper oder, wie im vergangenen Jahr, mit dem Tourette-Musiktheater NEUROVISIONS. Jetzt beschäftigt sich opera silens mit Franz Kafkas Erzählung „Josefine, die Sängerin oder das Volk der Mäuse“ und arbeitet mit dem Komponisten Wolfgang von Schweinitz und der in Israel lebenden Sängerin Josefine Kaum zusammen. Die war einst Sänger-Wunderkind in Prag, musste sich infolge einer Erbkrankheit vor einigen Jahren in Haifa mit Mäusegenen therapieren lassen und tritt seitdem nur sehr selten auf. Doch die Kritiker schwärmen ungebrochen von ihrem Timbre, „das mit menschlichen Maßstäben nicht mehr zu beschreiben“ sei.

GESANG Josefine Kaum
VIOLONCELLO Agnieszka Dziubak
REGIE Hans-Jörg Kapp
DRAMATURGIE Mascha Wehrmann
JOSEFINE-COMBO Frauke Aulbert, Kurt und Ludwig-Christian Glockzin
BÜHNE UND KOSTÜME Marcel Weinand
PRODUKTION Thomas Schmölz

Eine Produktion von opera silens und Kampnagel Hamburg, gefördert durch die Hamburger Kulturbehörde und die Rudolf Augstein Stiftung. Mit freundlicher Unterstützung durch die Shure Distribution GmbH.

DAUER ca. 75 min.

 

Soweit die offizielle Vorankündigung...

 


 

Als ich die Vorstellung besuchte, dachte ich, es erwartet mich ein Liederabend mit Kafka-Texten interpretiert von einer Vier-Oktaven-Stimme.

Weit gefehlt! Es war ein Theaterabend, in dem der Kafka-Text "Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse" (http://www.textlog.de/32075.html) (Kafkas letzte Kurzgeschichte) performt wurde. Meine Flexibilität reichte allerdings nicht dazu, das Stück als solches zu geniessen. Ich erwartete mit zunehmender Spannung das Ende des kafkaesken Prologes und den Beginn des Liederabends. 75 Minuten lang, vergebens.

 

Nun erging es mir nicht als Einzigstem so, sondern Teile des 50-köpfigen Publikums, waren genauso sprachlos wie ich. In diversen Gesprächen mit anderen "gefoppten", entlarvten wir das Stück als Ironie, irgendwie auch als Anregung zur Diskussion des deutschen Ethikrates zum Auftrittsverbot der mit Mäusegenen therapierten Josefine. Nur was hat das mit Israel zu tun?

 

Ähhhm, meine Nachforschungen innerhalb Kampnagels ergaben, dass weder der Einlassdienst, noch die Informations-Dame mir weiterhelfen konnten. Sie hatten weder präsent, was in dem vor der Vorstellung gereichten Flyer stand, noch, was überhaupt auf der Bühne stattfand. Was arbeiten da eigentlich für Leute?

 

Fazit: Ich bin ja nun schon einiges gewöhnt, was Experimentelles/Avantgardistrisches angeht. Sei es Musik, bildende Kunst, Theater, Streetart, was auch immer. Aber das war mein Gipfel. Hier fühlte ich mich wie der Gefängniswärter, der in den Katakomben überlegt, wie er den Gefangenen klarmachen kann, dass er Wärter und nicht Gefangener ist.


Nun wähne ich mich in dem glücklichen Zustand in einer Reihe mit dem Publikum zu stehen, was irgendwann mal John Cages "4:33" gehört hat, oder im Kino den Sechs-Stunden-Film "Sleep" von Andy Warhol mit nur einem nackten, schlafenden Mann gesehen hat, oder auch in einer Galerie vor Robert Rauschenbergs  weissen Leinwänden stand.

 

 

Neu-Hamburger K-Karten-Besitzer Toberg für WideBlick

 

 

PS: Die Cello-Musik von Schweinitz war passend und hervorragend! Kampnagel gebührt für soviel Mut ein grosser Beifall, der den beteiligten Künstler_innen an diesem Abend zu un/recht verwehrt wurde. Und, das Publikum braucht doch nach so einer Vorstellung, jemand, der/die ihn aus dieser schwierigen Lage befreit. Jemand, der/die sich beschimpfen lässt, mit dem/der man diskutieren kann, der/die einen aufklärt, warum "Gesang" angekündigt wird und nicht gesungen wird!

Diesen Post teilen
Repost0

Kommentare

G
Auch mir erging so wie dem Autor dieses Artikels. Bereit kulturelle Risiken einzugehen und mich mit Neugier und Interesse darauf einzulassen, bin ich gespannt und mit Vorfreude auf den Liederabend<br /> im K1 gelandet - und genervt am Ende gestrandet. Ich bin schon durch viele kulturelle Experimente gerauscht, gegangen, gehört und gesehen......hier fehlte mir insbesondere die Möglichkeit der<br /> vorherigen Abschätzung des "Risikos" und die anschließende Auseinandersetzung damit. Schade und nicht "Kampnagelwürdig". Wenn ich als Publikum in dieser Weise "gebraucht - genutzt - benutzt" werde,<br /> dann möchte ich mich entscheiden können, wofür und vor allem verstehen, wenigstens danach. In diesem Sinne wäre eine nette Geste der Zurücknahme der Eintrittskarten am Ende eine respektvolle Geste<br /> gewesen, die den Abend dann doch noch zu einem gelungenen Erlabnis für mich gemacht hätte. So war er das für mich nicht.
Antworten

  • : WideBlick
  • : WideBlick - Potential-Entwicklungs-Magazin für junges Denken: Themen, die diskussionswürdig sind. Musik, die hörenswert ist. Filme, die sehenswert sind. Fakten, die wissenswert sind. (Musik, Aphorismen, Politik, Umwelt, Filme, Kunst, Pädagogik, Termine). Thematisch gibt es fast keine Begrenzungen. (Kein Mainstream!)
  • Kontakt

Infobox

 

Rare Musik zu guten Preisen

LOGO.gif 

Captain Beefheart & His Magic Band

Don Van Vliet (Bücher, Kataloge, Bildbände)

Kevin Coyne

Siren

Paradise Band

Mats / Morgan

Philly Women

György Ligeti

Glenn Branca

Jean Pacalet

Billy Childish

Bulbul

Bongwater

Bongo Joe / George Coleman

Pascal Comelade

Robert Williams

Veterans Of The French Underground

Michael Mantler

Chrome Cranks

Eugene Chadbourne

Jimmy Agren

Fat Day

Philly Women

and more...

 

 

 

jealousymountainduo2-Kopie-1.jpg

jealousy mountain duo

N°_02, THE HOME OF THE EASY CREDIT

 

 

 

verbandfueraktuellemusikhamburg-Kopie-1.jpg 

verband für aktuelle musik hamburg

 

 

hoerbar.gif

hörbar hamburg

 

 

 

soulkitchenhalle.jpg

  soulkitchen halle hamburg (veranstaltungen)

 

 

 

Hamburg-Magazin (Veranstaltungskalender)

 

meinestadt.de, Hamburg (Veranstaltungskalender)

 

 

 

Wetter.com - Hamburg

 

Wetter.de - Hamburg

 

 

 

Staatsschulden pro Kopf in Deutschland

 

Reichtumsuhr 

buch3.jpg

Links

  Direkte Aktion auf over-blog

 

Schamanin Kiat auf over-blog 

 

kraetzae

 

uopia

 

 

gwrklein

 

 

  solarciety.jpg

 

 

archivderzukunft.gif

 

 

kroetenwanderung

 

empoerteuchhessel.jpg

 

 

scheerimperativ.jpg

 

 

rueckenwind_windgas.png

 

 

vivaconaqua-Kopie-1.jpg

 

unserhamburg  co2 468x60

stoptalking1.jpg

parkschuetzer

 

ausstieg

 

aktionaufschrei

100 gute Gründe gegen Atomkraft

 

sozialenetzwerkeggnazis

 

gREENPEACE

 

robinwood.gif

anares.png

 

 

windgas_wechseln.jpg

 

smashbild

 

indymedia.png

Indymedia ist eine weltweite Plattform unabhängiger Medienorganisationen und hunderter JournalistInnen, die eigenverantwortlich nicht hierarchische, nicht kommerzielle Berichterstattung betreiben.

Für Bannerwerbung bitte Konditionen per e-mail über co.music@web.de abfragen!

 

CD-Rezi-Stopp! Aus Zeitgründen bitte z.Zt. keine Rezensionsanfragen stellen!

 

Artikel-Vorschläge, Bilder, Pressemitteilungen etc. an  co.music@web.de

 

Gastbeiträge erwünscht!

Besucherzähler